„The Life of Chuck“: Eine filmische Umarmung – Kritik zur Stephen-King-Verfilmung mit Tom Hiddleston
Mit „The Life of Chuck“ liefern Stephen King und Mike Flanagan eine Ode an das Leben, die das Herz erwärmt – wenn man es denn zulässt.

Stephen King gilt als Meister des Horrors, doch tatsächlich gibt es zahlreiche Geschichten des Kultautors, die vollständig auf Gruselclowns und Zombiekatzen verzichten und viel eher zum Krimi-, Thriller- oder Fantasygenre zählen.
Jugendfrei ist das fast nie, aber wie schon „Stand by Me“, „The Green Mile“ oder „Die Verurteilten“ zeigt nun „The Life of Chuck“ Kings sanftere Seite, die nicht weniger sehenswert ist.
Basierend auf der gleichnamigen Novelle erzählt „The Life of Chuck“ eine Geschichte auf drei Zeitebenen, die uns rückwärts präsentiert wird. Los geht es mit dem Ende der Welt – was zunächst spektakulär klingt, aber recht intim und leise vonstattengeht.
„The Life of Chuck“ ist ein großer Film, keine Effektschlacht, sondern eine emotionale Liebeserklärung an das Leben an sich – auch, wenn es zu Ende geht.
Auffällig im Auftakt des Films ist die Abwesenheit von Chuck selbst, der hier allein in Form von Werbetafeln, TV- und Radiospots und sogar Himmelschreiber-Botschaften in Erscheinung tritt. Ein letztes Rätsel für die Bewohner:innen der sterbenden Erde, das sie nicht mehr beantworten können.
Let’s Dance!

Der zweite Akt bietet dann Tom Hiddleston als Chuck Krantz, der eine Buchhalter-Konferenz besucht und in einer freien Minute auf eine Straßenmusikerin trifft. Die Musik weckt Erinnerungen an Chuck, der daraufhin auf offener Straße zu tanzen anfängt.
Während der erste Akt des Films noch leicht das Science-Fiction-Genre streifte, existiert dieser Mittelpunkt in einer Realität, in der Menschen äußerst mitfühlend, tolerant und offenherzig sind. Darauf muss man sich einlassen, denn „The Life of Chuck“ hat so viel Feingefühl wie ein Schlagbohrer und zumindest Pessimisten werden mit dieser filmgewordenen Umarmung wenig Freude haben.
Doch wenn man damit leben kann, dass „The Life of Chuck“ auf einer überhöhten Ebene existiert, die vor allem an das Herz und weniger an den Verstand appelliert, wird man das Kino glücklich und zufrieden verlassen.
Coming of Age – eine von Stephen Kings Paradedisziplinen

Der letzte Akt von „The Life of Chuck“ konzentriert sich auf die Kindheit von Chuck, seine Liebe zum Tanzen, seine Beziehung zu seinen Großeltern und das große Geheimnis, das sich auf dem Dachboden verbirgt. Letztendlich erhält man hier drei miteinander verbundene Kurzfilme, deren Kerngedanke allein durch die verdrehte Erzählweise ein wenig verborgen wird.
Fans von Tom Hiddleston sollten wissen, dass der Marvel-Star nur für knapp 15 Minuten im Film zu sehen ist – Benjamin Pajak und Jacob Tremblay bekommen als jüngere Versionen von Chuck deutlich mehr zu tun. Durch den episodischen Aufbau und die damit verbundene knappe zeitliche Verpflichtung gelang es auch, weitere große Namen wie Chiwetel Ejiofor, Karen Gillan und Mark Hamill für das Projekt zu gewinnen.
Und ein Blick in die Besetzungsliste offenbart auch direkt, wer hinter den Kulissen für „The Life of Chuck“ verantwortlich war.
Flanagan & King – das dynamische Duo

Wenn es einem Regisseur perfekt gelingt, Kings Stil ins Kino zu bringen, dann ist es Mike Flanagan. Beweisen konnte er das bereits mit den Adaptionen von „Das Spiel“ und „Doctor Sleep“, und selbst seine brillante Netflix-Serie „Midnight Mass“ ist so klar von Kings Erzählweise und Figurenzeichnung inspiriert, dass man eine geheime Kooperation vermuten würde.
„The Life of Chuck“ ist jedoch auch für Flanagan ein Novum, denn seine bisherigen Projekte waren stets düster und oft unheimlich. Doch auch magische Dramen scheinen ihm zu liegen, und dabei erhielt er Unterstützung von einigen bekannten Gesichtern. Flanagans Frau Kate Siegel ist in all seinen Produktionen zu sehen, und auch Rahul Kohli, Samantha Sloyan und Molly Quinn gehören zum festen Flanagan-Stab.
Flanagans nächstes Projekt steht übrigens auch schon fest: Er wird für Amazon „Der Dunkle Turm“ in eine Serie verwandeln und damit endgültig beweisen können, dass er selbst Kings als unverfilmbar geltende Geschichte erfolgreich adaptieren kann.
Fazit: Ein Herz für Kitsch

Es wäre falsch, „The Life of Chuck“ als Gute-Laune-Film zu bezeichnen, dafür spielen Tod und Trauer zu oft eine wichtige Rolle in Chuck Krantz’ Leben. Doch dabei ist die Geschichte selbst im Angesicht des Todes lebensbejahend und stimmt, wenn man es denn zulässt, immer wieder hoffnungsvoll.
So magisch wie im Kino wird das echte Leben vielleicht nie sein, aber „The Life of Chuck“ lässt einen zumindest kurz daran glauben und richtet die Aufmerksamkeit auf die kleinen Dinge, die das eigene Universum so schön und lebenswert machen. Thanks, Chuck!