Supergau, mau, Lau: „Brick“ auf Netflix ist eine gigantische Katastrophe
„Brick“ ist das neueste deutsche Netflix-Abenteuer und hat mit Matthias Schweighöfer, Ruby O. Fee und Frederick Lau einen durchaus namhaften Cast. Davon sollte man sich jedoch nicht blenden lassen, denn „Brick“ ist vieles, aber ein guter Film leider nicht.

Mittlerweile gibt es in Bezug auf den deutschen Film eine goldene Regel: Standardware startet im Kino, während kreative Ideen auf Netflix landen – leider mangelt es in beiden Fällen häufig an Qualität.
Das neueste Paradebeispiel für diese Regel heißt „Brick“ und wartet mit Matthias Schweighöfer, Ruby O. Fee, Frederick Lau und einer grauen Wand auf. Warum das alles nicht funktioniert, erfahrt ihr im Folgenden …
„Brick“: Worum geht es im Netflix-Film mit Matthias Schweighöfer und Ruby O. Fee?
Wir befinden uns in Hamburg. Dort wohnen Tim (Matthias Schweighöfer) und Olivia (Ruby O. Fee), die schon seit längerer Zeit ein Paar sind. Doch seit einem Schicksalsschlag läuft die Beziehung zwischen den beiden nicht mehr allzu gut, was dazu führt, dass Olivia sich von Tim trennt.
Aber bevor Tims frisch gebackene Exfreundin die Wohnung verlassen kann, versperrt eine große graue Wand jeglichen Ausgang. Nun gibt es ein paar wichtige Fragen: Wo kommt die Mauer her? Wie kommt man wieder raus? Kann man die Beziehung retten? Und was hat es eigentlich mit den Schreien aus der Nachbarwohnung auf sich?
Etikettenschwindel oder einfach nur „low effort“? „Brick“ ist leider nicht das, was man glauben würde
Eines muss man „Brick“ lassen: Die Prämisse ist wirklich interessant. Das Beziehungsdrama ausdiskutieren, während man in der eigenen Wohnung feststeckt – ein spannendes Ausgangsszenario. Leider gelingt es nicht, diese beiden Themen gekonnt auszubalancieren.
Überwiegend ist „Brick“ daran interessiert, zu erzählen, was es mit dieser Mauer auf sich hat, und entwickelt sich irgendwann zu einem Ensemble-Film. Damit hier nicht alles so antiquiert oder wie eine Kopie von „Panic Room“ (2002) oder selbst „Nebenan“ (2021) wirkt, wird hier alles größer gedacht: Es sind nicht wenige Charaktere auf wenig Raum eingesperrt, sondern viele Charaktere auf viel Raum.
Das führt dazu, dass die Charaktere und Locations kontinuierlich um die Aufmerksamkeit des Zuschauers oder der Zuschauerin buhlen. Wo Genre-Vertreter wie „Escape Room“ (2019) die Räume an die jeweiligen Charaktere anpassen, damit jeder irgendwie einen Charakterbogen durchlaufen kann, ist man in „Brick“ nur in irgendwelchen Wohnungen mit irgendwelchen Leuten eingeschlossen.
Schweighöfer und Fee werden die Lösung auf all ihre Beziehungsprobleme sicherlich nicht in der Wohnung eines alten Mannes (Axel Werner) oder gar ihres Vermieters finden – denn diese Räume sind nicht so gestaltet, dass einer der unzähligen Charaktere die Antworten auf ihre Probleme finden würde. Kurz gesagt: Der Protagonist in „Brick“ ist die Wand und der müssen sich alle unterordnen – auch das im Marketing sehr präsente Beziehungsdrama.
„Brick“: Zu schnell und zu wenig
Wer schon immer einmal sehen wollte, wie jemand live den Faden verliert, sollte sich „Brick“ ansehen. Dadurch, dass die Wand und das Mysterium rund um sie den Film dominiert, wirkt hier alles etwas gehastet. Man bekommt keine Zeit, sich in Tims und Olivias Beziehung einzufinden, denn innerhalb der ersten zehn Minuten wird im Schnelldurchlauf erklärt, was das Paar bisher erlebt hat und bevor man durchatmen kann, ist die Wand schon vor der Tür.
Als Zusehender steht man nun da und hat statt einer Frage nun plötzlich zwei Fragen: Wieso waren Tim und Olivia jemals zusammen? Und was macht plötzlich diese Mauer hier?
Denn eine Sache sollte man unbedingt hervorheben: Matthias Schweighöfer und Ruby O. Fee sind im echten Leben ebenfalls ein Paar. Da könnte man doch meinen, dass es den beiden äußerst leicht fällt, ein Paar zu spielen. Doch wenn man den beiden zusieht, bekommt man das Gefühl, dass sie sich am ersten Drehtag auch zum ersten Mal begegnet sind.
Das hängt sicherlich auch mit Ruby O. Fees mangelnden Qualitäten als Schauspielerin zusammen, was Schweighöfer dazu zwingt, sie schauspielerisch aufzufangen. Eine grandiose Idee: Wenn Schweighöfer für eine Sache bekannt ist, dann ist es sein großartiges Schauspiel.

Lichtblicke: Lau stiehlt die Schau und der Apfel Faal-t nicht weit vom Stamm
Das mag vielleicht nur ich sein, aber mich erinnert Frederick Lau unfassbar an Liam Neeson. In der aktuellen Trailer-Kampagne zu „Die nackte Kanone“ steht Neeson da und begegnet einem jeden Witz mit dem ernstesten Blick unter den ernsten Blicken. Ähnlich ist es bei Frederick Lau: Dieser steht kontinuierlich neben Schweighöfer und Fee und lässt auf fast jede Situation trockenen Humor treffen.
Das funktioniert so gut, dass man sich irgendwann wünscht, dass Frederick Laus wortkarger MDMA-Junkie die Hauptfigur von „Brick“ wäre. Man darf nicht vergessen: Lau hat bereits als Jungdarsteller zwei Deutsche Filmpreise gewonnen.
Apropos, Jungdarsteller: Sira-Anna Faal, die hier die Enkelin Lea eines älteren Nachbars (Axel Werner) spielt, trägt fast jede Szene (und das beste Outfit im Film), in der sie mitspielt – jüngere Leser und Leserinnen dürften sie bereits aus der Serie „DRUCK“ (2018 bis 2022) kennen. Leider ist sie ebenso wie Frederick Lau nicht allzu viel im Film zu sehen.

Just another „Brick“ in the (Netflix)-Wall: Weitere Risse in der Fassade
Am Anfang des Films brennt die Hamburger HafenCity – zum Glück nicht in echt, aber furchtbar ist es trotzdem; sind die Computereffekte doch eher dürftig. Dasselbe gilt für fast alle CGI-Bilder hier: Hubschrauber, der Greenscreen für die Hamburger Straßen und selbst die titelgebende Wand … alles sieht hier von durchmischt bis furchtbar aus.
Dazu reihen sich andere Ungereimtheiten, wie zum Beispiel Wunden, die nicht gereinigt, sondern nur mit Pflastern überklebt werden. Und ich habe in deutschen Haushalten schon vieles erlebt, aber überall, wo ich zu Besuch war, musste ich mir bisher die Schuhe ausziehen. Matthias Schweighöfer trägt hingegen fleißig seine Schuhe – ansonsten könnte man keine Produktplatzierung betreiben.
„Brick“-Fazit: Tief gemauert, stark getrauert
Prinzipiell ist es sehr schade, dass „Brick“ kein guter Film ist, denn Thriller oder gar Genre-Kino aus Deutschland gibt es nicht häufig. Aber wer in einem Genre mitspielen möchte, muss sich auch mit den anderen Vertretern messen und gegen die versagt „Brick“ sowohl inhaltlich als auch technisch.
Außer in einer Hinsicht: Die Auflösung, was es genau mit der Mauer auf sich hat, habe ich bisher noch nie so gesehen und das Rätselraten zieht einen durchaus durch den Film. Leider muss man sich dazwischen durch sehr viele Szenen quälen, in denen Charaktere wieder unsäglich viel Exposition in die Kamera sprechen.
Trotzdem sollte man weiterhin probieren, deutsches Genre-Kino zu betreiben: Auch wenn „Brick“ und zuletzt „Delicious“ (2025) auf Netflix keine großartigen Filme waren, ist es für einen Fan des deutschen Films schön mitanzusehen, dass nicht nur Historiendramen oder „gesellschaftskritische“ Komödien produziert werden, wie man sie im Kino vorgesetzt bekommt.
Das nächste Mal die Steine versetzt aufstellen und das Gesamtergebnis nochmal kontrollieren – dann hält nicht nur die Wand, sondern auch der Film.