Ulrike Folkerts: Zwischen Tatort, Talkshow und Professorinnenamt – was die TV‑Legende heute bewegt
Ulrike Folkerts überraschte in der NDR Talkshow mit einer charmanten Korrektur. Seit 1989 spielt sie als Tatort -Kommissarin eine der wenigen starken Frauen im Krimi. Im Gespräch erzählte sie von ihrer kommenden Gastprofessur, ihrem ersten eigenen Drehbuch und ihrem Einsatz für mehr Vielfalt vor und hinter der Kamera.

Wenn Ulrike Folkerts sich vor die Kameras setzt, dann ist sie längst mehr als „nur“ Lena Odenthal. Gestern Abend besuchte die langjährige Tatort‑Kommissarin Bettina Tietjen und Steven Gätjen in der NDR Talkshow und sorgte dort mit einer kleinen Korrektur für einen augenzwinkernden Moment. Als Gätjen sie als „Kommissar“ ankündigte, wies sie ihn prompt darauf hin: Sie sei seit 1989 Kommissarin und die weibliche Form sei ihr wichtig. Ein Statement mit Signalwirkung – und nur der Auftakt für einen Abend voller überraschender Einblicke.
Seit 36 Jahren eine starke Figur

Folkerts erzählte im Gespräch, wie naiv sie anfangs in die Männerdomäne einstieg. Sie habe sich gar nicht bewusst gemacht, die einzige Frau unter den Ermittlern zu sein. Erst mit den Jahren habe sie verstanden, dass es in der Fernsehlandschaft neue Frauentypen braucht. Mit ihrer Lederjacke, die inzwischen ausgetauscht werden musste, habe sie bewusst ein Zeichen setzen wollen und sich nie als Opfer inszeniert. Sie sei eher eine „erfahrene Häsin“ und „einsame Wölfin“, die gerne Männer jagt.
In der NDR Talkshow verriet sie auch, warum sie trotz 36 Dienstjahren nicht müde wird. Ein Senderchef habe ihr vor Jahren die Figur nehmen wollen – keine Liebeleien, kein Alkohol, keine Fehler. „Das hätte sie zur langweiligen Heldin gemacht“, sagte Folkerts, und sie habe kurz über einen Ausstieg nachgedacht. Heute fühlt sie sich mit einem jungen Team und gut geschriebenen Drehbüchern wieder voller Energie. Für 2026 und 2027 sind bereits neue Tatort‑Fälle mit ihr geplant; ein finaler Abschied steht nicht an. Sterben will sie im Ludwigshafener Krimi übrigens nicht, lieber würde sie mit ihrer besten Freundin auf Weltreise gehen.
Ulrike Folkerts: Korrektes Gendern und eigener Drehbuchtraum
Der kleine Hinweis zur „Kommissarin“ war nicht das einzige gesellschaftliche Thema des Abends. Folkerts erklärte, dass sie geschlechtergerechte Sprache wichtig findet, auch wenn das im Fernsehen auch noch vergleichsweise neu sein. Das Üben mache ihr Spaß, auch wenn es manchmal noch holprig ist, denn jahrzehntelang habe man sie anders – als Kommissar – angesprochen. Gleichzeitig verriet sie ein neues Projekt: Sie arbeite an einem eigenen Drehbuch für eine Tragikomödie, keine Kriminalgeschichte. „Tatort“ bleibt also, aber Folkerts will künftig auch hinter die Kamera.
Professorin und Mentorin: Neue Rolle abseits des Krimis
Die Hamburger:innen im Studio hörten aufmerksam zu, als Folkerts von ihrer nächsten Station erzählte: Im Sommersemester 2025 wird sie Gastprofessorin im Bereich Künstlerischer Film und Bewegtbild an der Hochschule der Bildenden Künste Saar. Die Schauspielerin, die in über hundert Film‑ und Fernsehproduktionen mitwirkte und 2019 mit dem Deutschen Fernsehkrimipreis ausgezeichnet wurde, gibt dort Workshops für fortgeschrittene Studierende. Die Professur wird in Kooperation mit dem Bundesfestival Junger Film vergeben und jährlich von einer prominenten Persönlichkeit aus der Branche besetzt. Auch dies war Thema im Talk, sie freut sich darauf, ihr Wissen weiterzugeben.
Coming out, Partnerin und Engagement
Abseits des Krimis und der Lehre ist Folkerts eine wichtige Stimme der LGBTQ‑Community. In einem älteren Interview erklärte sie, dass ihr Coming out 1999 der größte Einschnitt ihres Lebens war. Sie habe lange gezögert, wollte ihre Homosexualität eigentlich nicht öffentlich machen und fühlte sich von den Boulevardmedien unter Druck gesetzt. Dennoch habe sie sich „für die Flucht nach vorn“ entschieden: Sie sprach offen über ihre Beziehung und stellte fest, dass sie daran gewachsen ist. Mit ihrer Partnerin, der Künstlerin Katharina Schnitzer, veröffentlichte sie 2008 das Buch „Glück gefunden“. Darin schreiben beide, dass sie heute frei und glücklich leben, auch wenn Folkerts noch immer Briefe von Menschen erhält, die Angst vor dem Coming out haben.
Nach ihrem öffentlichen Bekenntnis engagierte sich Folkerts bei zahlreichen queeren Events: 1999 war sie Jurymitglied beim schwul‑lesbischen „Grand Prix Cologne“. Bei den Gay Games 2002 in Sydney gewann sie mit der Schwimmstaffel des Berliner Vereins „Vorspiel“ Silber und Bronze; 2004 holte sie bei den Eurogames in München noch einmal Bronze. In einem Fragebogen beschrieb sie sich als Schauspielerin, die in ihren Rollen neue Frauentypen schuf und vielen Frauen Mut machte, ihre eigene Homosexualität zu leben. Einige Jahre später zog sie sich aus der Funktion der „Vorzeige-Lesbe“ zurück und ermutigte jüngere Aktivist:innen, den Kampf fortzusetzen.
Diskriminierung und Diversität im Filmgeschäft
Auch heute nutzt die 63‑Jährige ihre Bekanntheit für gesellschaftlichen Diskurs. In einem Tagesspiegel‑Interview beklagte sie 2024, dass queere Schauspieler:innen in der Branche noch immer diskriminiert werden. Man brauche Vorbilder und mehr Sichtbarkeit; Besetzungsentscheidungen würden oft hinter verschlossenen Türen getroffen, und Diversität wirke manchmal noch „aufgesetzt“. Dass ausgerechnet sie in der NDR Talkshow Wert auf korrekte Ansprache legte, passt also ins Bild: Folkerts will, dass Frauenrollen ernst genommen werden und Vielfalt im Fernsehen selbstverständlich ist.
Fazit: Mehr als ein TV‑Star
Der Talkshow‑Abend zeigte eine Frau, die mit Leidenschaft vor der Kamera steht, aber längst über den Tellerrand hinausschaut. Ulrike Folkerts ist 63 Jahre alt, denkt über ein eigenes Drehbuch nach, wird im Hörsaal unterrichten und bleibt trotzdem dem Tatort treu. Sie hat eine erfolgreiche Karriere, ist seit Jahrzehnten mit ihrer Partnerin glücklich und hat mit ihrem Coming out vielen Menschen Mut gemacht. Gleichzeitig kämpft sie weiter für mehr Diversität und Sichtbarkeit im Filmgeschäft.
Quellen
NDR Talkshow am 8. August 2025