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„Tatort“-Wiederholung am Sonntag: Was steckt hinter dem Fall „Hochamt für Toni“ aus Franken? – Unsere Kritik

Die „Tatort“-Sommerpause ist fast vorbei und anlässlich dessen wird ein besonderer Fall ausgestrahlt: „Hochamt für Toni“ hebt sich von vielen anderen Ausgaben des „Tatort“ ab – im Positiven sowie im Negativen.

Voss (links) steht mit Tonis Schwester auf einem Feld. Sie werden von einer steinartigen Umrundung umhüllt, die Knöchelhoch ist.
Ist „Hochamt für ein Toni“ ein Treffer? Das liegt nicht nur im Auge des Scharfschützen, sondern auch des Betrachters. Foto: BR/X Filme Creative Pool GmbH/Hendrik Heiden

Nirgendwo ist ein Verbrecher oder eine Verbrecherin sicher, denn selbst im tiefsten Franken wird jegliche kriminelle Energie vom Duo Voss und Ringelhahn erstickt. Diese Woche wird ihr neunter Fall „Hochamt für Toni“ aus 2023 wiederholt – und der fühlt sich auf eine ganz seltsame Art und Weise anders an.

Franken: Darum geht im Fall „Hochamt für Toni“

Ermittler Felix Voss (Fabian Hinrich) erhält eine Einladung seines alten Freunds Markus (Pirmin Sedlmeir) aus Studienzeiten. Dieser ist nun Pfarrer und lädt ihn zu einem seiner Gottesdienste ein und gibt sich sehr mysteriös. Anscheinend soll es in dem Gottesdienst, um Voss‘ Verflossene Toni (Sina Martens) gehen, doch bevor der Ermittler herausfinden kann, was los ist, wird Markus kurz vor seinem Gottesdienst tot aufgefunden. Im Anschluss findet Voss heraus, dass Toni Selbstmord begangen hat, und es kommen vielerlei Fragen für ihn auf: Wieso wurde Markus umgebracht? Ist Tonis Familie vielleicht für ihren Tod verantwortlich? Und ist Toni überhaupt tot?

Tiefe Trübsal in Franken – aber immerhin echt: Das macht „Hochamt für Toni“ gut

Vor zwei Wochen wurde der grausig langweilige „Tatort„Love is pain“ aus Dortmund wiederholt und versuchte bei Zuschauern und Zuschauerinnen Traurigkeit zu forcieren. „Hochamt für Toni“ hingegen muss sich nie die Mühe machen, den Zusehenden Gefühle aufzubinden – ergeben sich diese doch tatsächlich aus dem Seherlebnis.

Es handelt sich hierbei um einen sehr persönlichen Fall für Ermittler Felix Voss, aber im Gegensatz zum eben erwähnten „Love is pain“ ist der Kriminalfall in Franken kein Spiegel für persönliches Drama, das in Voss‘ Leben stattfindet, sondern treibt ihn vollends durch den Fall. Das ist vergleichbar mit der Spannung, die in „Katz und Maus“ aus Dresden aufkam, nur, dass es hier kaum Spannung gibt – und man glaube mir: Das ist gut so.

Alles wirkt etwas authentischer in Franken: Voss und Ringelhahn (Dagmar Manzel) haben eine tolle Chemie miteinander und wirken so, als würden sie tatsächlich zusammenarbeiten und sich mögen. Dasselbe gilt für die Familie von Toni: Die Zwistigkeiten, in denen sich dieses altreiche Gespann aus Patriarch (André Jung), entmündeter Matriarchin (Marita Breuer) und ihre beiden Söhne Christian (Johannes Allmayer) und Lukas (Sebastian Zimmler) befinden, sind zwar hier und da etwas überspitzt, aber dennoch so unangenehm, dass man seiner eigenen Familie prompt etwas besser gegenübersteht. Ebenso authentisch …

Neben Trübsal auch Technik: Im „Tatort“ wird wieder mit der Technik gespielt

Während zuletzt in Dortmund der eröffnende Abspann augenscheinlich mit dem Windows Movie Maker zusammengeschraubt wurde, gibt man sich in Franken deutlich mehr Mühe. Der Titel wird schön über Windrädern eingeblendet und die restlichen Namensnennungen finden über eine Montage statt – fast wie in einem richtigen Film, schön.

Dazu gesellen sich ein paar andere Spielereien. Gegen Ende gibt es zum Beispiel einen sehr langen Zoom-Out, bei dem sich die Kamera in einer gerade Linie immer weiter von einem Haus entfernt. Und eigentlich hätte dies auch die letzte Einstellung sein können, aber man versuchte diese nochmal zu übertreffen.

Ohne zu viel zu verraten: Felix Voss fährt mit seinem Auto über eine Landstraße und sieht etwas, was ihn bewegen könnte, zu bleiben, doch stattdessen rundet er seinen Charakterbogen ab und fährt weiter – fast so als ob man den Zusehenden sagen wollen würde: „Hey, unser Charakter hat tatsächlich dazu gelernt und ist wirklich gewachsen.“

Hier ist der Haken: Die Schwächen von „Hochamt für Toni“

Fabian Hinrich als Felix Voss ist gelegentlich etwas schauspielerisch limitiert. Er ist nicht wirklich schlecht, aber der beste „Tatort“-Kommissar ist immer noch ein Charakterkopf und das kann man von Felix Voss eher weniger behaupten – auch wenn es schön ist, mal jemandem zuzusehen, der nicht kontinuierlich um die Aufmerksamkeit der Zusehenden buhlt. Darüber hinaus möchte ich Fabian Hinrichs nicht zu nahetreten, aber der Mann wurde 1974 geboren und spielt in diesem „Tatort“ von vor zwei Jahren einen 36-Jährigen. Das beißt sich leider etwas.

Darüber hinaus ein recht allgemeines Problem: Der Täter ist recht offensichtlich. Wie eh und je werden einem eine bestimmte Vorauswahl an möglichen Tätern gegeben und natürlich ist es nicht die offensichtlichste Wahl, aber wer einmal um die Ecke denkt, hat den Fall binnen kürzester Zeit gelöst.

Zuletzt: Zu Voss wird folgender Satz gesagt: „Als ob hier einer Urlaub macht.“ Schnitt auf die wohl schöne, sowie unberührte Natur Frankens. Ich kenne mich mit dem Tourismus in Franken nicht aus, aber Urlaubswürdig sieht es dort schon aus.

„Hochamt für Toni“: Ein „Tatort“, der niemandem wehtut

Während „Love is pain“ forcierte Belanglosigkeit war, ist „Hochamt für Toni“ schöne Belanglosigkeit. Auch wenn hier alles mal etwas traurig ist, so kann man sich trotzdem darauf verlassen, dass es auch gemütlich ist. In Franken wird sich ausprobiert und das ist im Falle des „Tatort“ schon mehr als löblich – gibt es doch genug Fälle, die mit ihrer Mittelmäßigkeit mehr als zufrieden sind.