„Conjuring 4: Das letzte Kapitel“: Packende Story, aber wo bleibt der Horror? – Kritik
Wir haben „Conjuring 4: Das letzte Kapitel“ gesehen: Mitreißende Story, großes Gefühlskino – aber reicht das Finale auch für echte Gänsehaut?

„Ein Schlag in die Magengrube“ – so beschreibt Regisseur Michael Chaves im Tv Movie Online Interview den Auftakt von „Conjuring 4: Das letzte Kapitel“. Wir sehen die junge Lorraine Warren, schweißnass auf einer Krankenhausliege. Das Leben ihres ungeborenen Kindes hängt am seidenen Faden, während ein Dämon mit kalter Hand über ihr Schicksal entscheidet. Er verschont das Kind ... doch zu welchem Preis? Schon in den ersten Minuten wird klar: Das Böse ist zurück. Und diesmal will es mehr als nur Angst säen. Es will sich holen, was ihm wirklich gehört.
Mit diesem Versprechen startet das große Finale einer der erfolgreichsten Horror-Franchises aller Zeiten. Über 2,5 Milliarden Dollar hat das „Conjuring“-Universum seit 2013 eingespielt – doch nun heißt es endgültig Abschied nehmen von Ed und Lorraine Warren. Und das nicht mit billigen Jumpscares, sondern mit einer Geschichte, die näher an die Figuren geht als je zuvor. Familie, Zweifel, Verlust – hier wird der Horror plötzlich ganz persönlich. Die spannende Frage ist allerdings: Ist das noch der Film, den Hardcore-Horrorfans erwarten?
Was Fans im extralangen „Conjuring 4“-Finale erwartet

Die Lichter im Kinosaal gehen aus – Stille. Plötzlich sehen wir die jungen Ed und Lorraine Warren im Jahr 1964. Lorraine ist hochschwanger, ihr Blick voller Sorge, denn ihr Spiegelbild, das sie anblickt, gehört längst nicht mehr ihr allein. Ein Dämon lauert darin, gierig nach ihrem ungeborenen Kind. Er lässt ab – aber nur, um sich in ihre Familie einzunisten und geduldig auf den perfekten Tag zu warten, um sich Lorraines Tochter Judy zu holen.
Ein Zeitsprung ins Jahr 1986: Nach Eds Herzinfarkt haben sich die Warrens eigentlich aus der Dämonenjagd zurückgezogen. Sie halten Vorträge, kümmern sich um ihre Tochter – versuchen ein normales Leben. Die Relikte ihrer früheren Fälle lagern sicher im Keller, Annabelle grinst hinter einer Glastür. Doch genau dort, in ihrem privaten Umfeld, schlägt das Böse erneut zu. Judy rückt ins Zentrum des Geschehens – und wird zum schwächsten Punkt der Familie. Denn je älter sie wird, desto stärker wird ihr bewusst, dass ihr Leben ihr nicht allein gehört. Der Dämon sitzt in ihr und zerrt an ihrem Bewusstsein. Die schaurigen Erscheinungen werden häufiger und ihr wird immer klarer, dass sich etwas verändert hat. Der Dämon wird ungeduldig.
Parallel dazu schleicht sich derselbe Dämon im Hause der Familie Smurl ein – Flüstern in den Wänden, Schatten, die sich bewegen, Angriffe auf die Kinder – ihr Zuhause wird zum Schauplatz eines 15 Jahre andauernden Albtraums. Zwei Handlungsstränge, die zunächst unabhängig voneinander laufen, steuern aufeinander zu und finden in einem gemeinsamen Showdown zusammen.
Der große Höhepunkt: Lorraine, Ed und Tochter Judy setzen alles daran, den Dämon im Haus der Smurls zu besiegen. Noch nie stand für die Warrens so viel auf dem Spiel – nicht nur eine Familie, die sie beschützen müssen, sondern nun auch ihre eigene Tochter. Ein Moment des Nervenkitzels, der allerdings viel zu schnell wieder abflacht. Denn zurück bleibt ein Finale, das nicht nur auf Grusel setzt, sondern vor allem auf Emotionen – und damit den Abschied von Ed und Lorraine Warren einleitet.

„Conjuring 4“: Emotionales Finale statt purer Horror-Schocks
Das Finale der „Conjuring“-Reihe ist zwar emotional berührend, erinnert aber gleichzeitig ein bisschen an das große „Twilight“ Ende – damals, als Bella Edward die Zukunft ihrer Tochter zeigte und plötzlich im ganzen Kino die Taschentücher gezückt wurden. Genau das Gleiche passiert hier: Lorraine malt Ed eine Vision vom gemeinsamen Glück, während Tochter Judy im weißen Hochzeitskleid an Tonys Seite tanzt. In diesem Moment hat man das Gefühl, man sitzt in einem völlig anderen Film. Kein Horror mehr – nur noch Happy End. Ein Abschluss, der manchen Kritiker:innen zu abrupt und fast schon zu kitschig vorkommt.
Dabei steckt im Fokus auf Tochter Judy durchaus ein wahrer Kern: Auch im echten Leben hatten Ed und Lorraine Warren eine Tochter, die bis heute das Okkultismus-Museum ihrer Eltern verwaltet. Regisseur Michael Chaves erklärte dazu: „Wir wollten die Leute mit einem guten Gefühl nach Hause schicken.“ – und das gelingt ihm. Nur leider bleibt der Horror dadurch nicht so lange im Gedächtnis, wie man es sich wünschen würde.
Das zieht sich durch den ganzen Film: Statt auf die Auflösung des Spuk-Falls zu setzen, geht es vor allem um die Familie Warren und ihren Zusammenhalt. Szenen wie eine Geburtstagsparty, Lorraine in einer Küchenschürze, Ed am Grill oder der unbeholfene Tony, der um Judys Hand anhält, zeigen die Geisterjäger so privat wie nie zuvor. Klar, das macht sie menschlicher – doch gleichzeitig verwässert es den Gruselfaktor.
Am Ende bleibt eine Story, die emotional nahbar und spannend ist, aber zu oft zwischen Happy-Family-Momenten und klassischen Gruselszenen pendelt. Der Horror baut sich auf, fällt dann aber zu schnell wieder ab. Für Hardcore-Horrorfans fühlt sich das Finale deshalb eher zu mild und stellenweise der Film mit seinen 135 Minuten zu langgezogen an.
SO nah ist „Conjuring“ wirklich an der echten Smurl-Geschichte!

Trotz des eher untypischen Endes inszeniert „Conjuring 4“ den Smurl-Fall wie die Vorgänger mit viel Liebe zum Detail: 80er-Jahre-Flair, passende Kostüme, Retro-Sound – und vor allem die enge Zusammenarbeit mit den echten Töchtern von Jack und Janet Smurl. Sie haben den Spuk als Kinder selbst miterlebt und gaben dem Team Jahrzehnte später wertvolle Einblicke. Regisseur Michael Chaves betonte hierzu gegenüber TVMovie Online: „Mir war es wirklich wichtig, sie so stark wie möglich einzubeziehen, damit wir eine sehr authentische Geschichte erzählen konnten.“
Genau hier zeigt sich auch das Erfolgsrezept der Reihe: das Wechselspiel aus Realität und Fiktion. Oder wie Chaves es selbst beschreibt: „Es ist immer eine Mischung aus beidem.“ Dadurch wirkt die Geschichte diesmal so nah an der Realität wie selten zuvor. Gleichzeitig sorgt genau das aber auch für Reibung. Denn während die Smurl-Handlung spürbar authentisch wirkt, zeigt der Film die Warrens erneut als bescheidene Helden. In der Realität waren sie jedoch höchst umstritten – Kritiker sehen in ihnen bis heute Scharlatane, die von angeblich „wahren Fällen“ profitiert haben. Der Film blendet diese Schattenseiten allerdings komplett aus. Für viele Kritiker:innen entsteht so ein deutlicher Kontrast: authentisches Setting auf der einen Seite, fast schon verklärte Heldenverehrung auf der anderen.
„Conjuring 4“ Fazit: Würdiger Abschied oder enttäuschendes Ende?
„Conjuring 4: Das letzte Kapitel“ ist ein Abschied mit gemischten Gefühlen. Einerseits liefert der Film die ikonischen Schockmomente und Fan-Highlights, wie der Puppe Annabell, die das Franchise groß gemacht haben. Andererseits schwächelt die Dramaturgie: Der große Horror-Showdown wirkt zwar bombastisch, flacht jedoch schnell wieder ab und verschenkt damit viel Spannungspotenzial. Trotz über 2,28 Milliarden Dollar Einspielergebnis und dem Status als eines der erfolgreichsten Horror-Universen aller Zeiten erreicht dieses Finale nicht ganz die Klasse, die man von ihm erwartet.
Getragen wird der Film vor allem von den Darstellern: Patrick Wilson und Vera Farmiga überzeugen erneut als Ed und Lorraine, während Mia Tomlinson als Tochter Judy eine frische Note ins Geschehen bringt. Am Ende bleibt ein Film, der weniger auf Schockeffekte setzt, dafür umso stärker auf Emotion. Für Hardcore-Horrorfans mag es vielleicht ein bisschen enttäuschend sein – für alle, die eine gute Story und wohl portionierten Grusel schätzen, ist es jedoch genau das richtige Finale.