Wes Anderson: Warum „Der phönizische Meisterstreich“ ein persönlicher Film ist
„Der phönizische Meisterstreich“ ist ziemlich verrückt! In einem exklusiven Interview geben Wes Anderson, Bill Murray und Richard Ayoade einen Einblick hinter die Kulissen des vielleicht eigenwilligsten Films des Jahres.

Wes Andersons neues Kinoabenteuer „Der phönizische Meisterstreich“ ist vieles – Wirtschaftsthriller, Familiengeschichte, geopolitische Satire. Doch vor allem ist es ein echtes Kunstwerk. Und das nicht nur im übertragenen Sinne.
Bei einem exklusiven Roundtable in Berlin sprach der Regisseur gemeinsam mit Bill Murray und Richard Ayoade über die Entstehung des Films, seine Inspiration – und warum diesmal Originalgemälde von Renoir am Set standen.
Von Beirut nach Babelsberg: Warum der Film im Nahen Osten spielt
Was auf der Leinwand wie ein wahres Fantasiegebilde wirkt, hat in Wahrheit familiäre Wurzeln. Die Idee für das fiktive Land „Greater Independent Phoenicia“, eine stilisierte, fiktive Version des Nahen Ostens der 1950er Jahre, sei durch die Herkunft von Wes Andersons Frau Juman Malouf beeinflusst worden. Sie stammt aus einer libanesischen Familie, ihr Vater ist der bekannte Unternehmer Fouad Malouf, der auch die Figur des Zsa-Zsa Korda beeinflusste. „Der Libanon ist ein Teil meiner Identität – aber anders als etwa meine Verbindung zu Texas. Die emotionale Tiefe, die mit diesem Land verbunden ist, entsteht auch durch das viele Leid und die unglaubliche Widerstandskraft der Menschen dort. Ich bin seit über 20 Jahren eng mit dieser Kultur verbunden – das prägt natürlich auch meine Arbeit.“, erzählt Anderson im Interview. Der Film sei also nicht nur ein politischer Kommentar, sondern auch ein sehr persönliches Projekt, das ihn mit seiner Familie verbindet.
Renoir am Filmset – keine Requisite
Eine der größten Überraschungen hinter den Kulissen: Für bestimmte Szenen ließ Anderson echte Werke, unteranderem von Henri Matisse und Pierre-Auguste Renoir, ans Set bringen. Die Kunstwerke wurden aus Museen wie der Hamburger Kunsthalle und aus Privatbesitz geliehen – und mit enormem Aufwand abgesichert! Tägliche Lichtpausen, Handschuhe, Sicherheitsvitrinen und Versicherungsspezialisten begleiteten den Dreh. Andersons Begründung: „Für die Schauspieler ist es ein ganz anderes Gefühl neben diesen Werken zu spielen.“ Dieses Gefühl bestätigen auch Bill Murray und Richard Ayoade.
Dieser künstlerische Anspruch zieht sich durch den gesamten Film. Während in „The Grand Budapest Hotel“ eigene Kunstwerke für den Film hergestellt wurden, ist „Der Phönizische Meisterstreich“ nun mit echten Klassikern geschmückt. Die satirisch-überzeichnete Welt von Phoenicia ist nicht nur Kulisse, sondern spiegelt das Thema des Films wider: Macht, kulturelles Erbe und die Frage, was bleibt, wenn Größenwahn und Vision aufeinanderprallen.
Bill Murray in seiner himmlischen Nebenrolle
Für Schauspieler Bill Murray war es bereits der zehnte Anderson-Film – diesmal mit einem kurzen, aber besonders symbolischen Auftritt. Er spielt den Gott in einer Nachlebens-Version des Protagonisten. Die Szene sei in nur wenigen Tagen im Studio Babelsberg entstanden, erzählt er. Ihm wurde von Wes gesagt, dass er nicht viel machen müsse, nur dastehen, schauen – und die Kamera mache den Rest! Was nach seiner Rolle als Gott für Murray noch kommen könnte? Der Schauspieler erzählt augenzwinkernd: „Vielleicht ein gefallener Engel! Hier habe ich meinen Höhepunkt erreicht!“
Wes Anderson: Kino trifft Komposition
Gedreht wurde wieder in Deutschland – genauer gesagt in den Babelsberger Studios bei Berlin. Andersons langjähriger Produktionsdesigner Adam Stockhausen schuf dort eine visuelle Welt zwischen Art Déco und Science-Fiction. Komplementiert wurde das Ganze durch Kameraarbeit von Bruno Delbonnel und Musik von Alexandre Desplat – beide Oscar-nominiert, beide alte Weggefährten Andersons. Eine bestimmte Ästhetik hat Anderson nicht, wie er im Interview erklärt. Er liebe es am Set zu improvisieren.
Im Zentrum des Films steht ein exzentrischer Industrieller, gespielt von Benicio del Toro, der in einem instabilen Kleinstaat ein gewaltiges Infrastrukturprojekt umsetzen will – nicht aus Nächstenliebe, sondern als persönliches Denkmal. Doch als ein Attentat ihn beinahe das Leben kostet, überschreibt er sein Erbe an seine junge Tochter Liesl, gespielt von Mia Threapleton. Was folgt, ist ein Kampf um Macht, Moral und Erinnerung – typisch Anderson: absurd, stilisiert, berührend.
„Der phönizische Meisterstreich“ startet in Deutschland am Donnerstag, den 29. Mai 2025.
Dieser Artikel wurde von Neele Suckert verfasst