„The Smashing Machine“ – Kritik: Dwayne Johnson auf Oscar-Kurs
Für „The Smashing Machine“ steigt Dwayne Johnson nun auch als Schauspieler in den Ring – doch das wahre Drama spielt sich hinter den Kulissen ab.

Nach der Weltpremiere von „The Smashing Machine“ in Venedig wurde nicht nur die schauspielerische Leistung von Dwayne Johnson gelobt, sondern auch hervorgehoben, dass der einstige Blockbuster-König sowohl durch seine Darstellung als auch durch kleine Prothesen „nicht wiederzuerkennen“ ist.
Das Lob ist grundsätzlich gerechtfertigt, doch es wäre falsch zu behaupten, dass Johnson komplett in seiner Rolle als MMA-Kämpfer Mark Kerr verschwindet. Ja, Johnson sieht ein wenig anders aus, aber es sind unscheinbare Veränderungen, durch die er dem echten Kerr nur geringfügig ähnelt – auf Fotos im Abspann erinnert Kerr eher an einen jüngeren, rasierten Jason Momoa.
Dass man hier aber zweifellos immer „The Rock“ vor sich hat, erweist sich nicht als Problem, sondern als Vorteil, der sicher kein Zufall ist. Wenn Johnson als Kerr über den Rausch des Sieges im Kampf spricht, dann verschwimmen die Grenzen zwischen dem MMA-Kämpfer und dem einstigen WWE-Superstar.
Zeitgleich erleben wir Johnson als Kerr auch in Situationen, in denen wir ihn noch nie zuvor gesehen haben: verletzlich, emotional aufgewühlt, unangenehm bedrohlich. Johnson überzeugt zweifellos in den körperlich fordernden Szenen im Ring, doch schauspielerisch sind es die Momente mit dem privaten Kerr, die auch sein dramatisches Talent beweisen.
Ein dokumentarisches Drama, aber kein Biopic

„The Smashing Machine“ ist kein klassischer Sportfilm in „Rocky“-Tradition – wahre Geschichten sind das schließlich selten. Stattdessen wurde Mark Kerr, einer der Vorreiter des MMA-Sports, vor allem aufgrund seines turbulenten Privatlebens als Zentrum dieser Geschichte ausgewählt.
Es ist gleichzeitig beunruhigend und beeindruckend, wie Johnson Kerrs Schmerzmittelsucht verkörpert. Mit viel Charme gelingt es ihm problemlos, die benötigten Opioide von seinen Ärzten zu erhalten, nur um dann kurz darauf mit glasigem Blick im Rausch zu verschwinden – sowohl zu Hause als auch direkt vor einem Kampf.
In diesen Szenen wirkt Johnsons Kerr unberechenbar, seine körperliche Kraft und seine toten Augen bilden eine unheimliche Kombination, bei der man sich zusammen mit seiner Freundin Dawn, gespielt von Emily Blunt, vor ihm fürchtet.

Kerrs Sucht nach Schmerzmitteln war bereits in der Dokumentation „The Smashing Machine“ von 2002 ein Thema. Damals konzentrierte man sich jedoch stärker auf seine Karriere und weniger auf seine Beziehung. Das dreht der gleichnamige Spielfilm nun um: Die turbulente und dysfunktionale Beziehung zwischen Kerr und Dawn ist hier der Dreh- und Angelpunkt.
Ein Streit jagt den nächsten, dabei gehen auch immer wieder Gegenstände und Möbelstücke zu Bruch. Während zunächst Kerrs Sucht für Probleme sorgt, ist es später Kerrs Vorwurf, dass Dawn ihn zu wenig in seinem Entzug und seiner Karriere unterstützt. Gerade wenn man Kerrs wahre Geschichte nicht kennt, knistern die Szenen zwischen Kerr und Dawn vor Anspannung – und sowohl Blunt als auch Johnson brillieren in diesen besonders emotionalen Momenten.
And the Oscar goes to … The Rock?

Keine Frage: Mit „The Smashing Machine“ macht sich Dwayne Johnson Hoffnungen auf einen Oscar. Eine Nominierung dürfte ihm sicher sein, auch wenn es für den Sieg noch nicht reichen dürfte. Das ist allerdings nicht als Kritik zu verstehen, denn „The Smashing Machine“ ist eine gelungene Demonstration von Johnsons deutlich verbesserten Schauspielfähigkeiten.
Es ist zudem ein klug ausgewähltes Projekt, da es Johnsons Sport-Hintergrund mit echtem Drama verbindet. Für die Academy ist Mark Kerr vermutlich nicht weit genug von der bekannten Johnson-Persona entfernt, doch die Rolle dürfte ihm berufliche Türen öffnen, die eine große schauspielerische Zukunft ermöglichen – sofern nicht plötzlich ein neuer „Jumanji“ dazwischenkommt.