KI-Streamingdienst macht dich zum Regisseur und Hauptdarsteller – und Amazon mischt mit
„Black Mirror“ wird immer mehr zur Realität, denn ein neuer Streamingdienst macht dich zum Star deiner eigenen Serie. Das Interesse von Amazon ist bereits geweckt.

Einmal im Weltall mit Aliens verhandeln oder als zynischer Ermittler in düsteren Gassen philosophieren – und das mit dem eigenen Gesicht in der Hauptrolle. Was früher nach fanfiction-artigen Träumen klang, ist jetzt ein Produkt: Der KI-Streamingdienst Showrunner will es Nutzerinnen und Nutzern ermöglichen, ihre eigene Serie zu generieren, samt Story, Dialogen und dem eigenen Konterfei.
Die Idee stammt vom KI-Start-up Fable aus San Francisco. Dort arbeitet ein 15-köpfiges Team unter der Leitung von CEO Edward Saatchi daran, Serienproduktion per Knopfdruck für die Massen verfügbar zu machen.
Die ersten Nutzer testen bereits und tun das offenbar mit erstaunlich viel Ego. Saatchi gibt zu: „Wir waren überrascht, wie viele Leute sich selbst und ihre Freunde in die Geschichten einbauen wollten. Damit hatten wir nicht gerechnet.“
„South Park“-Klon mit 80 Millionen Views
Fables Technologie basiert auf dem hauseigenen KI-Modell SHOW-2, der Nachfolger von SHOW-1. Letzteres sorgte 2023 für mediale Aufmerksamkeit, als Fable ohne Erlaubnis der Rechteinhaber neun vollautomatisierte Folgen im Stil von „South Park“ produzierte – samt Stimmen, Witzen und Animation.
Die Videos wurden über 80 Millionen Mal gestreamt. Laut Saatchi habe man sich aber rechtzeitig mit dem Original-Team in Verbindung gesetzt, das beruhigt gewesen sei: kommerziell würde das Material nicht verwendet. Ob derartige Produktionen rechtlich in Ordnung sind, wird gerade heiß diskutiert – Disneyund NBCUniversal haben kürzlich erste KI-bezogene Klagen eingereicht.
Fable betont, Showrunner verfüge über „Guardrails“, also technische Schranken, die Urheberrechtsverstöße und illegale Inhalte unterbinden sollen. Eine weitere Schranke prüfe, ob ein Charakter innerhalb der Story glaubwürdig handelt – was immer das im KI-Kontext heißen mag.
Amazon schaut bereits genau hin
Trotz aller technischen Schranken und inhaltlichen Experimente bleibt Fable vorsichtig: Showrunner konzentriert sich derzeit auf animierte Formate.
Realfilm sei zu rechenintensiv und außerdem ein „Messerkampf“, den andere Giganten wie Google, Meta oder OpenAI bereits austragen, so Saatchi. Man wolle lieber das „kreativste Modell“ entwickeln, nicht das schönste.
Ein Ziel, das offenbar auch bei größeren Playern Eindruck hinterlässt. Laut Branchenkreisen beobachtet Amazon das Projekt genau – und hat bereits eine Summe in unbekannter Höhe investiert.
Kein Wunder, denn wenn sich Fans künftig ihre Lieblingsserie selbst basteln, könnte das klassische Seriengeschäft zumindest in der Nische unter Druck geraten.
KI mit Gedächtnisverlust
Ein echter Haken bleibt: Showrunner ist (noch) kein Geschichtenerzähler mit Langzeitgedächtnis. „KI kann derzeit keine konsistente Handlung über mehrere Episoden tragen“, räumt Saatchi ein. Serien wie „Breaking Bad“ oder „Game of Thrones“? Zukunftsmusik.
Momentan funktioniert das System am besten bei Formaten, „bei denen die Figuren in jeder Folge zurückgesetzt werden – Sitcoms, Krimiserien, Raumfahrtgeschichten.“
Der offizielle Start von Showrunner steht bald bevor, zunächst soll das Angebot kostenlos zur Verfügung stehen. Später sind Preise von bis zu 20 Dollar im Monat geplant – zumindest für alle, die selbst kreativ werden wollen.
Wer lieber von anderen generierte Serien streamen will, kann das weiterhin ohne Aufpreis tun und so offenbaren, welche KI-Produktionen vielleicht auch auf „echten“ Streamingdiensten funktionieren würden.