„F1“-Kritik: Blockbuster-Kino auf Autopilot
Nach „Top Gun: Maverick“ kehrt Regisseur Joseph Kosinski mit der nächsten großen Hoffnung des Blockbuster-Kinos zurück – namentlich „F1“. Leider ist Brad Pitts Ausflug auf die Rennstrecke eher eine Spritztour als ein bildgewaltiger Grand Prix …

„F1“ oder auch „F1 The Movie“ ist der erste Sommer-Blockbuster auf der Rennstrecke dieses Jahr und fährt mit Brad Pitt und „Top Gun: Maverick“-Regisseur Joseph Kosinski große Geschütze auf – prinzipiell der Versuch eines Brad-Summers. Und auf der Rennstrecke ist viel los … leider hat man vieles davon schon in so einigen anderen Filmen gesehen.
„F1“: Worum geht es in dem neuesten Film mit Brad Pitt?
Rennfahrer Sonny Hayes (Brad Pitt) ist in die Jahre gekommen. Er fährt für kleinste Summen (5000 USD) Rennen, wie die 24 Stunden von Daytona. Doch das soll sich ändern, als Sonnys ehemaliger Rennfahrer-Alumnus in Form von Ruben Cervantes (Javier Bardem) auftaucht und um seine Hilfe bittet. Rubens Formel 1-Team „APXGP“ ist derzeitig das letztplatzierte Team in der Liga und Ruben selbst hat schwerwiegende finanzielle Probleme. Nun müssen Sonny Hayes und sein neuer und deutlich jüngerer Rennpartner Joshua Pearce (Damson Idris) widerwillig zusammenarbeiten, um „APXGP“ wieder auf neue Höhen zu führen.
Technisch top, inhaltlich ein Flop: „F1“ bringt bekannte Blockbusterschwächen mit
Die Geschichte muss dem Film sehr am Herzen gelegen haben, denn ebenso wie „APXGP“ ganz unten in der ersten Liga der Formel 1 mitfährt, lässt sich auch „F1“ irgendwo auf den hinteren Plätzen des Rennfilms finden. Wer auf „Top Gun: Maverick“ mit Boliden hofft, bekommt das zwar irgendwie, aber andererseits muss man sich auch durch eine sehr langgestreckte Geschichte quälen, die nirgendwo hingeht, wo andere Rennfilme nicht schon einmal gewesen wären. Andererseits wartete „Top Gun: Maverick“ auch nicht mit Originalität auf und war trotzdem ein toller Film.
Um das konkret einzuordnen: Prinzipiell ist „F1“ ein solider Sommer-Blockbuster, von der Art, die man seit Mitte der 2000er nicht mehr so häufig zu Gesicht bekommt. Die Problematik ist viel eher, dass alles hier nicht wirklich neu ist. Der junge Fahrer hat Probleme mit dem alten Fahrer, die Romanze tut so, als würde sie nicht passieren, bis sie halt doch passiert und Konsequenzen gibt es in diesem Heldenkino auch für niemanden. Es gibt eine Szene, in der Mitte des Films, in der er es so wirkt, als würde man vielleicht den Boliden auf dieselbe Route hieven, auf die sich einst schon „Million Dollar Baby“ (2004) begab. Aber kurz vor der Ausfahrt bleibt man doch lieber auf der altbewährten Strecke. Keine Rolle durchläuft – Pardon – durchfährt hier ein Szenario, durch das nicht schon einmal irgendeine andere fiktive Figur gebrettert wäre. Und das klingt jetzt beim ersten Hören schlecht, aber …
Die größte Schwäche von „F1“ ist auch die größte Stärke
„F1“ größte Stärke ist nicht Brad Pitt, die Rennbilder oder gar die Action, sondern ein einzelner Mann namens Jerry Bruckheimer. Für alle Unwissenden: Jerry Bruckheimer ist ein Urgestein unter den amerikanischen Produzenten und versteht es weiterhin, wie man Filme produziert, die so aussehen und sich so anfühlen, als gehörten sie tatsächlich in ein Kino. Zu seinem Oeuvre gehören unter anderem „Top Gun: Maverick“ (2022), „Gone in Sixty Seconds“ (2000) und „The Rock“ (1996). Und was haben all diese Filme gemeinsam? Genau, schnelle Vehikel und/oder mindestens eine Verfolgungsjagd mit einem dieser schnellen Vehikel. Und Bruckheimer versteht auch bei „F1“, dass die Leute bei einem Formel 1 Spannung oder wenigstens atemberaubende Bilder geboten bekommen wollen. Und die bekommt man auch: Wenn Brad Pitt und Damson Idris die Nationalhymne vor dem Rennen auf der Rennstrecke singen, dann tun sie das ohne doppelten Boden. Wenn ein Auto sich überschlägt und in Flammen aufgeht, dann sieht das phänomenal aus. Und wenn man die letzte Runde eines Rennes nahezu aus der Perspektive des Rennfahrers dreht, dann hat man eine wirklich actiongeladene Sequenz gemacht. Leider sind das überwiegend alles Bilder, die man irgendwie schon mal gesehen hat und bei Redundanz hilft nun mal auch nicht der Fakt, dass man den Film irgendwo on-camera gedreht hat. Was diesem redundanten Erlebnis aber hilft …
Dam(n)son, was für ein Pitt-Stop: Die Schauspieler taten was sie (Kerry) Condon
Man erlebt es selten in modernen Blockbustern, dass alle Schauspieler einen guten Job machen. Einige sind für den Paycheck da und dann wird der seelenlose Blockbuster abgedreht. Bei „F1“ ist das anders: Wenn sich Brad Pitt und Damson Idris streiten, dann ist man doch froh, dass man sich nicht mit streiten muss. Wenn sich Kerry Condon verknallt oder einfach nur glücklich ist, dann freut man sich für sie mit. Doch nicht nur der Hauptcast fällt mit mehr als soliden Leistungen auf, sondern auch die Nebendarsteller: Egal, ob Javier Bardem, Sarah Niles oder Tobias Menzies als wunderschön schmieriger Rennsportinvestor – alle bringen ihr A-Game für einen B (as in Blockbuster)-Movie mit. Bitte mehr davon als das x-te Projekt mit The Rock, Chris Pratt, Chris Hemsworth oder Chris Evans.
Fazit für „F1“
Die Aussage ist fast so redundant wie „F1“ auf einer inhaltlichen Ebene, aber wenn man den Film sehen will, dann muss man sich ihn im Kino ansehen – auf „Apple TV“ wird der Film auf jeden Fall nicht so gut wirken wie auf der großen Leinwand. Wer einfach nur für 2,5 Stunden ein wenig berieselt und nach dem Verlassen des Saals an das wohlige Gefühl des Sommers 2006 erinnert werden möchte, kann „F1“ definitiv eine Chance geben. Denn solche Filme sind für den aktuellen Stand des Blockbuster-Kinos immer noch besser als „Fast and the Furious“ oder andere seelenlose Franchises. Dennoch sollte man nicht vergessen, dass man nichts bekommt, was man nicht schon einmal gesehen hätte. Oder um es mit einfacheren Worten zu sagen: Der schnellste Rennwagen ist auch nicht besser als mein BMW 316ti Compact, wenn die Reifen platt sind.