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Enissa Amani im Interview: "Ich finde es nicht schön, dass ich durch Morddrohungen ängstlich geworden bin"

Enissa Amani ist mittlerweile nicht mehr nur Comedienne, sondern auch Aktivistin. Im Interview spricht sie über Diskriminierung, Ängste und die Relevanz ihres Protestes.

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Enissa Amani ist zu einer wichtigen Stimme im Kampf gegen Diskriminierung geworden. Foto: IMAGO / xim.gs

Es ist 2014 und Enissa Amani hat ihren ersten Auftritt als Stand-up-Comedienne bei TV Total. Damals steht die Kölnerin noch ganz am Anfang ihrer Karriere und dennoch wagt sie etwas, was nicht allzu viele Stars ihrer Branche machen. Sie mischt Humor mit Politik. Sie witzelt über ihre operierte Nase und die hohe Stimme, aber spricht auch darüber, dass ihre Eltern als politische Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind.

Einige Jahre später ist Comedy noch immer ihre große Leidenschaft - eine andere drängt sich aber mehr und mehr in den Vordergrund: ihre Arbeit als Aktivistin. So setzt sie sich nun zum Beispiel gemeinsam mit M&M's für mehr Viefalt und Inklusion in der Comedy-Szene ein. 



Mehr denn je wird Enissa Amani dafür gefeiert, dass sie sagt, was sie denkt - auch, wenn das für sie direkte Konsequenzen hat. 2018 beleidigt der bayerische AfD-Abgeordnete Andreas Winhart bei einer Wahlkampfveranstaltung in einer Hassrede Ausländer und Flüchtende rassistisch. Es folgt die Reaktion der Comedienne, die ihn in einem Instagram-Video im Jahr 2019 als „Bastard“ und „Idiot“ bezeichnet. Während Winhart für seine Entgleisung straffrei bleibt, wird Amani zu einer Geldstrafe verurteilt.

Zahlen wird sie die nicht, stellt die 40-Jährige direkt klar und nimmt nun eine 40-tägige Haftstrafe in Kauf. Wann sie diese antreten muss, ist noch nicht klar. Details dazu sind für sie auch nicht relevant. Im Interview mit "TV Movie Online" will Enissa Amani stattdessen lieber darüber reden, warum ihr die Arbeit als Aktivistin so wichtig ist und sie trotz Morddrohungen gegen sie nicht damit aufhören wird, ihre Stimme zu erheben.

Warum ist es für dich eine Herzensangelegenheit, den Nachwuchs in der Comedy-Szene zu fördern?

Ich glaube, dass eine Gesellschaft ständig im Wandel ist und es deshalb wichtig ist, neue Künstler:innen zu hören, weil sie eine neue Sichtweise haben, eine neue Perspektive. Wachstum ist nicht immer einfach und Künstler:innen können ein guter Spiegel für die Gesellschaft sein. Meiner Ansicht nach hilft es nicht, wenn wir sagen: ‚Komm, wir machen es so, wie wir es immer gemacht haben.‘ Man muss mit der Zeit gehen. Und das ist für mich das A und O. Deshalb habe ich auch bei meinem eigenen Management junge Künstler:innen unter Vertrag.

 

Enissa Amani: "Weißt du, wie sehr Feminismus auch Männer schützt?"

Kannst du dich an die erste Erfahrung im Bereich Comedy erinnern, wo du gemerkt hast: 'Okay, ich werde hier mit Rassismus oder Sexismus konfrontiert'?

Vor ein paar Jahren war es noch absolut gang und gäbe, dass man bei großen Shows gesagt hat: ‚Wir haben schon eine Frau.‘ Oder umgekehrt, vielleicht war ich auch die Frau und dann wurde eine andere Frau nicht genommen, weil ihr dann gesagt wurde: ‚Wir haben dieses Jahr schon Enissa.‘ und das finde ich so traurig. Es wäre ja die eine Sache, wenn es da draußen keine Comedienne gebe. Aber wenn es sie gibt und Unternehmen sagen: ‚Aber wir haben schon so eine‘, ist das schade. Und so ist es bei Männern gar nicht. Ein anderes Beispiel: Zu unserer Sozialisierung gehört ja auch, dass Frauen Dinge zugeschrieben werden, dass sie emotional sind, beispielsweise. Aber wer sagt denn, dass das etwas Schlechtes ist? Emotionalität ist nicht gleichzusetzen mit Unprofessionalität. Männer leiden auch sehr darunter, dass ihnen Emotionalität aberzogen wird. Wenn ich versuche, Feminismus zu erklären, dann sage ich immer: ‚Weißt du, wie sehr Feminismus auch Männer schützt?‘ Die meisten Selbstmorde der Welt werden von Männern begangen und einer der Gründe dafür ist, dass sie die Probleme, die sie haben, nicht besprechen und dass sie lernen, nicht weinen zu dürfen. Und da ist wieder das Thema Sichtbarkeit. Es ist zumindest ein Anfang, Dinge aufzuzeigen. Und dafür ist auch Stand-Up als Kunstform da, die ich immer noch sehr liebe, auch wenn ich inzwischen sehr viel mehr politischer wahrgenommen werde. Aber für mich geht das auch beides. Ein guter Stand-Upper ist auch immer ein:e Kommentator:in der Gesellschaft. Es ist kein:e Witzereißer:in, jede:r kann einen Witz erzählen, aber mit Humor auf ein Problem in der Gesellschaft aufmerksam zu machen, das erfordert mehr Technik.

Comedienne Enissa und Aktivistin Enissa – sind das zwei unterschiedliche Menschen? Oder anders gefragt: Wie gut lässt sich Stand-Up und Aktivismus verbinden?

Ich bin auf jeden Fall schon immer in der Comedy auch politisch gewesen, auch schon ganz früher bei „TV Total“. Wenn ich ein oberflächliches Thema hatte, habe ich trotzdem immer ein bisschen was Politisches mit eingebaut. Und das hat sich mit der Zeit viel mehr miteinander verwoben. Heute kriege ich große Anfragen zu eigentlich politischen Themen, weil gesagt wird, dass ich es gut humorvoll verpacke und die Leute es dann verstehen. Aber natürlich gibt es dann auch Themen, die für mich sehr schmerzhaft sind und wo ich dann gar keinen Humor benutze. Da muss ich für mich immer abwägen. Wo kann ich vielleicht mit Humor einen guten Zugang finden? Das kann ich zum Beispiel, wenn es um das Thema Klima geht und ich mit Humor und Selbstkritik auf Dinge aufmerksam mache.

Du sagst absolut offen, was du denkst. Du bist eine der wenigen, die das in deiner Branche so offensiv tun. Hast du je gedacht: 'Jetzt müsste ich mal nichts sagen, weil ich eben auch gefährliche Leute auf mich aufmerksam mache'? Du hast ja auch schon von Morddrohungen gegen dich berichtet...

Man härtet so ab, aber ich weiß, was du meinst. Ich habe schon jetzt diese Momente. Das finde ich auch ehrlich gesagt nicht so schön, dass ich durch die Morddrohungen ängstlich geworden bin. Zum Beispiel sitze in einem Café und jemand kommt mir entgegen und macht einen komischen Schlenker und läuft dabei vielleicht auf meinen Tisch zu, aber der will aber eigentlich nur auf Toilette. Aber das ist für mich ein Moment, wo ich denke: ‚Ich habe gestern diese Nachricht bekommen oder letzte Woche und frage mich, warum er gerade so auf mich zu läuft.' Ich kann schon sehr gut unterscheiden, ob mir jetzt auf Instagram ein Fake-Account schreibt, das nehme ich nicht so ernst. Oder ob da ein erwachsener Mensch einen Plan gemacht hat. Und das sind so Sachen, die mein Leben schon verändert haben. Aber ich bin einfach ein Mensch, der seine Meinung hat und immer Gerechtigkeit will. Ein Mensch, der ein großes Verständnis und einen großen Willen dafür hat, dass Dinge gerecht sind – auch, wenn ich vielleicht gar nicht Teil der Gruppe oder Minderheit bin. Ich finde, es geht darum, dass man den Willen hat, wenn einem etwas erklärt wird, auch zuzuhören und zu sagen: ‚Das wusste ich nicht, das mache ich ab jetzt anders.‘

 

Enissa Amani: "Die Leute interessiert traurigerweise mehr: 'Was passiert mit Enissa im Knast?'

Dein Streit mit dem AfD-Politiker und die Folgen dessen sind gerade aktuell ein Thema. In einem Podcast hast du gesagt, dass sich sehr auf deinen Haftantritt konzentriert wird und zu wenig auf die Sache an sich. Wie siehst du die öffentliche Wahrnehmung?

Ich bin so viel für diesen Protest gelobt worden. Für mich war es aber wichtig, dass die Leute auch sagen: ‚Toll, dass sie das macht, aber es geht nicht so sehr darum.‘ Im Endeffekt geht es darum, dass wir darüber sprechen, dass dieser Mensch trotz allem freigekommen ist. Und umso mehr zeigt mir, wie sehr ich es weitermachen und öffentlich machen muss. Weil die Leute traurigerweise immer noch mehr interessiert: ‚Was passiert mit Enissa im Knast?‘ Und natürlich möchte ich, dass dieser Protest genannt wird. Denn wenn ich mich zu Hause in die Küche setze und protestiere, bekommen das nicht so viele Leute mit. Für mich ist es ein Balanceakt. Ich bin nicht nur Aktivistin, ich bin auch Künstlerin, die mit tollen Brands wie M&MS zusammenarbeitet. Und natürlich hilft mir das auch.

Inwiefern?

Alles, was ich mache, verbindet sich miteinander. Ich will mich für Sachen einsetzen, die mir wichtig sind, wie jetzt das Projekt Open Mic. Dann gehst du mit Companys Hand in Hand und deine Werte laufen mit der Brand zusammen. Das ist der Idealfall. Das wäre vor 20, 30 Jahren vielleicht nicht der Fall gewesen, dass eine Company sich auch positioniert und mehr Diversität fordert. Und das zeigt ja nur, dass wir viele Sachen richtig machen, auch als Menschen, die die Gesellschaft ein bisschen verändern wollen.

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Eine ganz andere Frage: Viele deiner Kolleg:innen haben an der Amazon-Show "LOL" teilgenommen. Kannst du dir vorstellen, da auch mal mitzumachen?

Ich denke, dass es eine tolle Show ist. Ich kriege viele Anfragen, bei denen ich denke, das ist toll, aber es passt gerade nicht. Von Amazon sind regelmäßig sehr schöne Anfragen auf dem Tisch. Aber es passt nicht immer alles zu der Künstlerin und Frau, die ich gerade bin. Aber wer weiß, ich bin ja auch eine Chaos-Nudel, die immer wieder was anderes entscheidet und macht.

 



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