Kino

"Der Goldene Handschuh" - Filmkritik: Das große Entsetzen

Bühne frei für Frauenmörder Fritz Honka in "Der Goldene Handschuh": Nach einer Vorlage von Heinz Strunk inszeniert Fatih Akin die verachtungsvollen und brutalen Morde seines Protagonisten mit voller Grind-Breitseite. Schwer zu verdauen ist der Film allerdings nicht nur deshalb.

Der Goldene Handschuh
Berlinale 2019: Die TVMovie.de-Kritik zu "Der Goldene Handschuh" von Fatih Akin Foto: Gordon Timpen / 2018 bombero int./Warner Bros. Ent.

Es gibt einen Moment in Fatih Akins "Der Goldene Handschuh", da ist plötzlich alles vergessen. Der Rausch, der Korn, die Wut, der Hass, der Grind, die Hässlichkeit, die Kotze, das Blut – als Heintjes "Du sollst nicht weinen" aus der Juke-Box der Kiez-Kneipe erklingt, ist das wie eine innere Reinigung. Es wird geweint. Die Sehnsucht ist wieder da. Und die Schönheit hat für einen ganz kurzen Moment gesiegt. Es ist einer der wenigen lichten Momente in der düsteren Adaption des Heinz Strunk Bestsellers, der sich mit dem Leben des Hamburger Serienmörders Fritz Honka auseinandersetzt, der in den 1970er Jahren mehrere Frauen umgebracht, zerstückelt und in seiner Wohnung aufbewahrt hat. Und als Katalysator fungierte die titelgebende Bar, die auch deshalb bis heute zu den absoluten Kultstätten des Hamburger Kiez‘ gehört.

Sowohl der Strunk-Roman als auch Akins Film setzen da ein, wo Honkas abgrundtiefe Frauenverachtung, sein gestörter Sexualtrieb und seine Gewalt-Ausbrüche ihren ersten Höhepunkt erreichen. Von seinen zwei vorherigen gescheiterten Ehen, seinem schweren Unfall, der für sein entstelltes Äußeres gesorgt hat, sowie von seinem Sohn Fritz erfahren wir im Film nichts. Stattdessen statuiert Akin den Status Quo, als er den Zwischentitel „Hamburg, 1970“ über die eingewickelten Körperteile von Getraud Bräuer legt, Honkas erstem Opfer, das er in der mehrminütigen Sequenz vorher zunächst entsorgen wollte. Der Film zeigt von den Gewalt- und Erniedrigungsausbrüchen mehr, als es den Mägen der Zuschauer gut tun würde, blendet in den besonders drastischen Momenten allerdings auch ab.

Und doch zeigt sich bereits hier, dass der Film es kaum schafft dem schwierigen Ausgangsmaterial gerecht zu werden: Während den Szenen, in denen es Honka kaum gelingt dem leblosen Frauenkörper irgendwie Herr zu werden, tatsächlich eine Art wohltuender Realismus inne wohnt, leistet sich Akin kurze Zeit darauf später mit dem Aufdrehen der Soundkulisse beim „Zersägen“ der toten Leiche eine richtige Geschmacklosigkeit. Und es ist nicht die einzige Szene, in der der Film es nicht schafft, die nötige Distanz zu seinem Subjekt aufrechtzuerhalten.

"Der Goldene Handschuh": Viel Lärm um Nichts

Der Goldene Handschuh
"Der Goldene Handschuh"         Gordon Timpen / 2018 bombero int./Warner Bros. Ent. Foto: Gordon Timpen / 2018 bombero int./Warner Bros. Ent.

Dass „Der goldene Handschuh“ mit seiner vermeintlichen Milieustudie von abgehängten Individuen im Hamburger Kiez und dem Portrait eines Frauenmörders keine Gute-Laune-Stoff ist, steht natürlich außer Frage. Doch statt tatsächlich tief im Dreck zu bohren und den Verlierern der Gesellschaft im Hamburg der 1970er Jahre Raum zu gewähren, bewegt sich „Der Goldene Handschuh“ meist nur an der dreckigen Oberfläche. Was nützen all die authentischen Details aus Honkas Wohnung oder die tollen Kulissen, wenn am Ende nur die exploitativen Ausbrüche von Hauptdarsteller Jonas Dassler im Kopf bleiben, der eine extrem schwierige Hassfigur seltsam souverän meistert. Akin betonte in mehreren Interviews, dass er mit dem Film "toxische Männlichkeit" und ihre Folgen in ihrer ungeschönten Version zeigen wollte. Und im Gegensatz zu den aktuell romantisierenden Portaits von Serienkillern wie "Ted Bundy", ist es löblich das der Film mit seiner extrem Gewaltdarstellung da auch Konsequenz bleibt, auch wenn das Ganze besonders zum Ende hin nur schwer erträglich ist.

Doch als Psychogramm der Hauptfigur scheitert der Film. Interessant wird es lediglich zu Beginn der 2. Hälfte des Films (die sich auch mit dem 2. Kapitel in Strunks Buch deckt), als Honka einen Job als Nachtwächter übernimmt und zwischenzeitlich dem Alkohol abschwört – und damit auch seine inneren Dämonen zum Schweigen bringt.

Doch das ist letztendlich viel zu wenig: Denn schweigsam mag „Der Goldene Handschuh“ zwar nicht sein, doch hat über die Zeit, die gesellschaftlichen Verlierer und seine Hauptfigur leider auch extrem wenig zu sagen. Und gegen diese biedere Erkenntnis hilft auch nicht der härteste Fanta-Korn-Rausch.   

"Der Goldene Handschuh" startet am 21. Februar 2019 in den deutschen Kinos

Kritik von: David Rams

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