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Fernsehen

Aaron Altaras wollte „Die Zweiflers“ ablehnen: „Meistens geht es um tote oder neurotische Juden“

„Die Zweiflers“ wird als heißester Serien-Start des Jahres gehandelt. Im Zentrum der Dramedy steht eine jüdische Familie. In Wahrheit geht es jedoch um etwas ganz anderes, verriet uns Aaron Altaras im Interview.

Eine 2. Staffel von "Die Zweiflers" ist bereits im Gespräch, verrät uns Aaron Altaras im Interview
Eine 2. Staffel von „Die Zweiflers“ ist bereits im Gespräch, verrät uns Aaron Altaras im Interview. Foto: © ARD Degeto/HR/Turbokultur/Elliott Kreyenberg
Inhalt
  1. „Die Zweiflers“ legt heißen Serienstart hin - und macht Lust auf Staffel 2
  2. Aaron Altaras sagte die Rolle als Samuel Zweifler ursprünglich ab - ließ sich dann aber doch überreden
  3. „Die Zweiflers“-Darsteller Aaron Altaras im Interview: „Man wird hier oft zum Juden gemacht“

Seit dem 3. Mai ist die Serie „Die Zweiflers“ in der ARD-Mediathek verfügbar. Wer sich das sechsteilige Werk von David Hadda, Sarah Hadda, Juri Sternburg (Drehbuch), Anja Marquardt und Clara von Arnim (Regie) noch nicht angeschaut hat, sollte das schnellstmöglich nachholen, denn zu Recht überschlugen sich die Kritiker:innen mit lobenden Worten.  „Die beste TV-Serie des Jahres“, schwärmt die „Bild“, „Vielleicht das Beste, was im deutschen Fernsehen je zu sehen war“, mutmaßt die „Welt“. Auch wir finden: Die Serie hat alle Erwartungen übertroffen. Auf IMDb hat sie aktuell eine Wertung von 7,7 Sternen – und das ist noch geizig bemessen.

 

„Die Zweiflers“ legt heißen Serienstart hin - und macht Lust auf Staffel 2

Nicht nur Bildsprache und schauspielerische Darbietung des Casts sind überragend, „Die Zweiflers“ kommt in gewisser Weise zu einem idealen Zeitpunkt. Zwischen 2015 und 2021 ist die Zahl antisemitischer Vorfälle in Deutschland von Jahr zu Jahr gestiegen. Nachdem der Nahostkonflikt zwischen Israel und Palästina im Oktober 2023 nach einem Terrorangriff der radikalislamischen Hamas eine neue Eskalationsstufe erreichte, hat sich die Lage für jüdische Menschen hierzulande und auf der ganzen Welt noch verschärft. Wie so oft werden hierbei Kritik an oder Wut auf einzelne Akteure auf eine gesamte Gruppe übertragen. Natürlich wäre es zu viel der Erwartung, dass eine einzelne Serie diesen Missstand aus der Welt schaffen kann. Doch „Die Zweiflers“ tut etwas, das in Deutschland viel zu selten geschieht: Sie setzt sich beiläufig mit dem Judentum auseinander und zeigt es in all seinen Facetten. Das könnte helfen, Gräben zu überwinden, denn am Ende sind die Zweiflers vor allem eins: eine ganz normale dysfunktionale Familie.

 

Aaron Altaras sagte die Rolle als Samuel Zweifler ursprünglich ab - ließ sich dann aber doch überreden

Aaron Altaras spielt die Hauptrolle in der neuen ARD-Serie "Die Zweiflers"
Aaron Altaras in der neuen ARD-Serie „Die Zweiflers“. Foto: © ARD Degeto/HR/Turbokultur/Phillip Kaminiak

Aaron Altaras, der mit Samuel Zweifler den Spross eines jüdischen Delikatessen-Imperiums spielt, wäre beinah als Hauptdarsteller abgesprungen, denn er hatte Sorge vor jüdischen Klischees. Heute ist er froh, dass er sich von seinem Bruder Leo Altaras, der für die Serie in die Rolle des Leon Zweifler schlüpfte, überreden ließ. Es gehe in „Die Zweiflers“ nämlich gar nicht wirklich um das Judentum und schon gar nicht um Israel, sondern viel eher um universelle Themen wie Liebe, Familie und Identität, stellt er im Interview mit „TV Movie Online“ klar. Wir haben mit ihm über die ARD-Serie, seine jüdische Identität und seine Begeisterung für die Frankfurter Club-Szene gesprochen.

 

„Die Zweiflers“-Darsteller Aaron Altaras im Interview: „Man wird hier oft zum Juden gemacht“

Stimmt es, dass du fast gar nicht in „Die Zweiflers“ mitgespielt hättest, weil du ursprünglich absagen wolltest? Woran lag’s?

„Ich hatte das eigentlich mal abgesagt, weil ich in der Zeit ‚Deutsches Haus‘ in Krakau gedreht habe, da geht es um den Auschwitz-Prozess und es spielt in den 60er Jahren. Und ich wollte ein bisschen weg von diesen jüdischen Themen, die mir irgendwann ein bisschen auf die Nerven gegangen sind. Meistens sind es tote Juden, um die es geht, oder neurotische und deshalb war ich erst ein bisschen distanziert, wurde dann aber Gott sei Dank überredet. Mir wurde versichert, dass es eine Möglichkeit ist, das gesamte Spektrum von modernem Judentum zu zeigen – der eine hat eine Freundin, der andere nimmt Drogen, der eine ist erfolgreich, der andere nicht. Und da war ich dann doch schnell überzeugt.“

Und warum bist du jetzt besonders froh, dass du es doch gemacht hast?

„Die Serie ist unglaublich herzlich und ist sehr universell. Dysfunktionale Familien und Liebe, das erreicht viele Menschen. Für jeden ist etwas dabei. Und es ist mega gut geschrieben.“

Finde ich auch! Und ich glaube tatsächlich, dass die Serie in gewisser Weise genau zur rechten Zeit kommt, weil Antisemitismus durch den Israel-Palästina-Konflikt -fehlgeleiteter Weise - wieder im Aufschwung ist. Viele Leute haben sich noch nie intensiver mit dem Judentum, seiner Geschichte, seinen Bräuchen usw. auseinandergesetzt. Glaubst du auch, dass die Serie es wegen ihrer Authentizität schaffen könnte, Gräben zu überwinden?

„Ja, auf jeden Fall. Wir hätten die gleiche Serie aber auch vor zwei Jahren und auch in zwei Jahren gemacht - unabhängig von Israel, denn die Serie dreht sich nicht um Israel. Die Serie handelt von Liebe und Familie und Identität. Es kocht jetzt gerade hoch, aber uns ist es wichtig, zu sagen, dass es eben einen Unterschied gibt. Es gibt das Land Israel und da passieren Dinge und dann gibt es Juden und das eine und das andere haben nicht unbedingt etwas miteinander zu tun.“

Was bedeutet es für dich persönlich im 21. Jh. in Deutschland jüdisch zu sein?  

„Ich bin nicht besonders religiös! Ich glaube nicht an organisierte Religion oder Gott oder sowas. Ich glaube, es gibt eine Vielzahl von Identitäten, die man mit sich trägt. Ich bin Berliner, ich bin ein Mann, ich bin Herthaner, ich bin jüdisch – in der Reihenfolge! Das bedeutet es für mich, aber ich bin natürlich Teil einer langen Reihe von Traditionen und Bräuchen, die auch was Schönes sind. Aber das ist natürlich keine ganz leichte Position. Man wird hier oft zum Juden gemacht, weil die Deutschen immer noch nicht so richtig wissen, wie sie damit umgehen können. Dabei gibt es gar nicht so viele. Und ich hoffe, ich kann meinen Beitrag leisten, damit die Leute sehen: Das sind ganz normale Menschen.“

Auch "Die Zweiflers"-Hauptdarsteller Aaron Altaras ist jüdisch
Samuel (Aaron Altaras) besucht mit Großvater Symcha Zweifler (Mike Burstyn) die Synagoge. Foto: © ARD Degeto/HR/Turbokultur/Elliott Kreyenberg

Es geht in der Serie auch um diese Gratwanderung zwischen Rebellion und dem Erfüllen von Erwartungen. Und das ist etwas, womit sich sicher viele Menschen identifizieren können, die in einer religiösen Familie - egal, ob muslimisch, christlich oder jüdisch - aufgewachsen sind. Wie nah bewegt sich „Die Zweiflers“ diesbezüglich an der Realität?  

„Sehr nah. Ich glaube, das könnte so oder so ähnlich in vielen verschiedenen Familien ablaufen. Natürlich ist es eine stilisierte Geschichte. Es ist eine Serie, es soll größer und extremer als das Leben sein. Aber ich habe all diese Dinge schon gesehen.“

Ich weiß nicht, ob es jeder auf dem Schirm hat, aber dein Serien-Bruder Leo ist ja auch im wahren Leben dein Bruder und heißt gar nicht so viel anders als seine Figur, nämlich Leon Altaras. Wie war es, für dieses Projekt gemeinsam vor der Kamera zu stehen?

„Es ist wunderschön, dass wir diese Möglichkeit hatten. Wir haben gar nicht so viele Szenen miteinander gehabt, aber es ist natürlich eine schöne Verbindung – wenn man das so hinkriegt, ist es ein Geschenk.“

Wer hat zuerst zugesagt?

„Lenny! Er hat mich dadurch dann unter Druck gesetzt. Die Rollen waren ja aneinander gekoppelt.“

Weitere Serien-News:

Du hast gerade in einem Podcast erzählt, dass du auch privat gerne feiern gehst und dir danach auch mal einen U-Bahn-Döner gönnst. Auch deine Figur in „Die Zweiflers“ scheint party-technisch – und überhaupt – kein Kind von Traurigkeit zu sein, pendelt zwischen Berlin und Frankfurt. Was wäre denn dein Urteil: Kann Frankfurt am Main kulinarisch und in Bezug auf seine Clubs mit Berlin mithalten?

„Die Frankfurter können auf jeden Fall feiern. Das ganze Dreieck von Mannheim nach Darmstadt bis nach Frankfurt, das sind zum Beispiel alles sehr wichtige Regionen für elektronische Musik. Frankfurt ist der Hammer, ich liebe die Stadt. Und die Frankfurter können in Bezug auf Clubs einiges. Das ‚Tanzhaus West‘ oder das ‚FREUD‘ sind geil. Aber auch im ‚Robert Johnson‘ in Offenbach hab‘ ich letztens gedreht. Ich feiere auch Grüne Soße oder Apfelwein. Frankfurt ist die zweitbeste Stadt in Deutschland – direkt nach Berlin!“

„Die Zweiflers“ wurde als Miniserie konzipiert, die guten Kritiken und die Begeisterung sprechen aber für sich. Mal angenommen, David Hadda und Co. entscheiden sich doch zu einer zweiten Staffel, wärst du dann dabei? Welche Aspekte würdest du gerne noch ergründen?

„Ich weiß, dass es diesen Gedanken gibt und ich hab‘ auf jeden Fall Zeit. Ich habe noch viel vor mit meiner Figur, es gibt da noch sehr viel zu erzählen! Ich glaube, dieser Mann hat eine sehr dunkle Seite. Spannende Aspekte sind das Alter, in dem er ist, die Art, wie er aufgewachsen ist, und die Verantwortung, die auf ihm lastet – da kann man noch sehr viel dunkler werden. Ich glaube, wir werden nochmal in die Vergangenheit blicken.“

Bei TVM geben wir ja auch gerne Film- und Serien-Tipps: Was wären denn deine Empfehlungen – abgesehen von „Die Zweiflers“?

„Ich freue mich sehr auf den neuen Film von Paolo Sorrentino. Ich habe gerade gesehen, dass der bald rauskommt. ‚Parthenope‘ heißt der und spielt in Neapel. Ich bin sehr, sehr gespannt. Und ich habe gerade ‚The Sympathizer‘ mit Robert Downey Jr. angefangen. Es geht um den Vietnamkrieg. Die Serie ist ganz neu und ziemlich geil!“

Danke dir für die Tipps und das nette Gespräch!



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