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Berlinale 2021: Kritik zu "Ich bin dein Mensch" – Das Robo-Tinder-Experiment

Nach dem Welterfolg der Netflix-Serie "Unorthodox" lotet Regisseurin Maria Schrader im Berlinale 2021-Wettbewerb aus, ob Androiden doch die besseren Partner*innen für uns Menschen wären? Unsere TV Movie Online-Kritik zu "Ich bin dein Mensch".

Christine Fenzl

Angeblich lieben 93 % der Frauen ein Badezimmer, das von romantischem Kerzenschein erleuchtet ist, voller verstreuter Rosenblätter, einem wohltemperierten Schaumbad und dazu einem Gläschen prickelnden Schampus: Zumindest beruft sich Tom (Dan Stevens) auf eine vermeintliche Studie, die irgendwo in seinem Algorithmus hinterlegt ist. Tom, das ist übrigens der humanoide Roboter-Gefährte, den Wissenschaftlerin Alma (Maren Eggert) etwas unfreiwillig in ihre eigenen vier Wände aufgenommen hat. "Na, dann weißt du ja, zu welcher Gruppe ich gehöre", schleudert sie ihm etwas zynisch entgegen, gerade als er mit dem tiefen Blick seiner blauen Augen und seinem naiven Lächeln dachte, er hätte Almas heimliche Sehnsucht zu 100 % bedient. Doch die kann über Toms vermeintlich romantischer Geste nur ungläubig den Kopf schütteln.

Nicht nur einmal fragt sich Alma, was das zwischen ihr und dem Ding in ihrem Zuhause eigentlich werden soll: Um ihre wichtige Förderreise bewilligt zu bekommen, hat sich Alma nämlich auf Drängen ihres Vorgesetzten auf dieses eher zwielichtige Experiment eingelassen. Drei Wochen lang soll sie mit dem humanoiden Roboter zusammenleben und ihn auf „Herz und Nieren“ prüfen bzw. deren künstliches Gegenstück und eine Beurteilung verfassen. Das Perfide: "Tom" soll speziell auf Almas Bedürfnisse zugeschnitten worden sein – sowohl körperlich als auch zwischenmenschlich. Dabei weiß die Wissenschaftlerin doch selbst nicht einmal, was sie sich von ihrem Leben wünscht. Nach einem eher unglücklichen Beziehungsende mit ihrem Kollegen Julian (Hans Löw) konzentriert sich Alma voll auf ihr aktuelles Forschungsprojekt, das sie schon seit Jahren beschäftigt. Doch auch hier findet der (über)perfekte Tom das vermeintliche Haar in der Suppe…

 

Eine unorthodoxe Liebesgeschichte

Alma (Maren Eggert) und Tom (Dan Stevens) schwelgen in "Erinnerungen"        Christine Fenzl

Mit der Mini-Serie „Unorthodox“ konnte Maria Schrader nicht nur einen weltweiten Hit beim Streaming-Anbieter Netflix landen, sondern wurde als erste deutsche Regisseurin überhaupt mit einem Emmy ausgezeichnet. Auf den ersten Blick mag ihr "unorthodoxer" Berlinale-Wettbewerbsbeitrag so gar nichts mit der Netflix-Serie zu tun haben und doch geht es auch in "Ich bin dein Mensch" um Fragen, was Glück und Liebe im Leben ihrer Protagonist*innen wirklich bedeuten und was es wert ist dafür aufzugeben. Mit Maren Eggert und Dan Stevens in den Hauptrollen hat die Regisseurin jedenfalls einen echten Glücksfall gelandet: In den besten Szenen des Films trifft die zynische Art von Alma auf die romantisch-verklärte Naivität von Tom, was für einige wirklich amüsante und nachdenklich machende Szenen sorgt.  

Während die Momente zwischen Tom und Alma den Film auch emotional tragen, fallen die Nebenschauplätze in der Geschichte dramaturgisch deutlich ab. Dazu gehört Almas Forschungsprojekt genauso wie ihre Beziehung zu ihrem Vater, die durchaus eine Rolle in ihrer Charakterisierung spielen, aber in der Geschichte doch eher als Mittel zum Zweck gebraucht werden. Trotzdem beweist Schrader ein einigermaßen feines Händchen dafür, wie sie die vielschichtigen moralischen, ethischen und poetischen Fragestellungen, die der Film selbstverständlich aufwirft, in einen kurzweiligen Film verpackt, der schön anzusehen ist, aber dann doch etwas zu "robotisch" und schemenhaft abläuft.

"Ich bin dein Mensch" ist im Berlinale 2021-Wettbewerb zu sehen. Der Film wird voraussichtlich dann zwischen dem 9. bis 20. Juni beim großen Summer Special dann seine offizielle Publikumspremiere feiern.

Von der Berlinale 2021 berichtet: David Rams