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"Wir Kinder von Bahnhof Zoo" | Bibiana Beglau: "Christiane F. ist eine Pop-Ikone"

Die Audiodokumentation "Das Berlin der Kinder vom Bahnhof Zoo" ist ab Donnerstag bei audible verfügbar. Hauptbestandteil des Hörspiels sind bisher unveröffentlichte Tonbandaufnahmen der jungen Christiane F. Wir sprachen mit der Schauspielerin Bibiana Beglau (49), Erzählerin der Hör-Doku, über die Faszination, die Christane F. noch heute hat.

Chrsitine F. in Amazon-Serie
Christiane F. wird von der Österreicherin Jana McKinnon (22) in der neuen Amazon Prime-Serie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" gespielt. Foto: Foto: Amazon Prime/Mike Kraus

Christiane F. wurde in ihrer Teenager-Zeit durch ihre Drogen- und Prostitutionsenthüllungen im Buch "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" zum Mythos einer Generation. Noch heute ist die Thematik aktuell. Als Vorlage des Buches aus dem Jahr 1978 dienten die monatelangen Gespräche zwischen den "Stern"-Reportern Host Riek und Kai Hermann mit Christiane F. Die Gespräche wurden damals auf Tonbändern aufgenommen. Die bislang unveröffentlichten Aufnahmen werden jetzt zum Hörerlebnis für Jeden - passend zur Amazon Prime-Serie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo", die am 19. Februar 2021 startet. "TVMovie Online" sprach mit der Erzählerin der neuen Audiodokumentation, Bibiana Beglau, unter Anderem über ihre Eindrücke, als sie die Tonbandaufnahmen der Christiane F. zum ersten Mal hörte.

Kinder vom Bahnhof Zoo: Bibiana Beglau
Die Schauspielerin Bibiana Beglau ist Erzählerin der Audiodokumentation. Foto: IMAGO / Mary Evans

TVMovie Online: Warum haben Sie zugesagt, der Audiodokumentation Ihre Stimme zu geben?

Beglau: Warum interessiert uns immer noch der Stoff von Christiane F.? Das ist die Kernfrage. Christiane F. ist eine Kultfigur geworden. Hinter dieser Figur gibt es noch den Menschen, der sich im Verborgenen aufhält, das darf nie vergessen werden, aber wir sprechen hier von der Kultfigur: Ein junges Mädchen, das damals von dem Journalisten Horst Rieck, welcher früh seinen Kollegen Kai Hermann dazu holte, vor einem Gerichtsaal entdeckt worden ist. Ja, sie war heroinabhängig und sie ging auf den Kinderstrich, um das Geld für die Droge zu bekommen, aber sie war ein kluges und gewandtes Mädchen, das unheimlich gut Situationen erfassen konnte und eine begabte Erzählerin war. Es gab zu dieser Zeit keinen gesellschaftlichen Umgang mit Drogen, schon gar nicht mit Kindern, die Drogen nehmen. Es war die spießige BRD. Und dann hat dieses Mädchen Weltkarriere gemacht. An der Person Christiane F. sehen wir, zu welchem Glanz eine Person fähig ist und in welche Abgründe diese Person gleichzeitig absteigen kann. Aus diesem Grund habe ich sofort zugestimmt. Für mich ist Christiane F. eine Pop-Ikone und wie Iggy Pop, David Bowie und viele andere der Droge der Zeit verfallen, Heroin. Diese mörderische Achterbahn, die Christiane F. gelebt und bis heute überlebt hat, ist eine moderne Heldengeschichte ohne Gewinner.

Was macht für Sie an dieser Audiodokumentation im Gegensatz zu einem klassischen Hörspiel das Besondere aus?

Das Besondere ist, dass man versucht, über bestimmte Beobachtungen historisch einen Text zusammenzustellen, der eine Zeit beschreibt. Diese Zeit ist angeführt von einer bestimmten Person. Diese Person ist Christiane F. Sie führt uns in diese Zeit und beschreibt uns die geteilte Stadt Berlin und das Insel-Dasein der BRD. Man erfährt in der Dokumentation viel über die Zeit der damaligen BRD.

Welche Neuigkeiten bietet diese Audiodokumentation denen, die das Buch kennen? 

Das Spannende und Interessante sind die Einblicke, wie die Gesellschaft zu der Zeit von ‘Wir Kinder vom Bahnhof Zoo' funktioniert hat. Was das bedeutet hat, in Westberlin aufzuwachsen. Was hatten die Architekten geträumt, als sie die Gropius-Stadt bauten, in der Christiane F. aufwuchs? Was hat dazu geführt, dass in einem christlichen Jugendheim eine Drogenhölle entstehen konnte? Was waren Ideen der Zeit und wie sind sie gescheitert oder konnten erfolgreich werden? Wie funktionierte diese abgründige Sehnsucht Heroin und woher kam die Faszination dafür? Die Club-Szene mit dem legendären Club ’Sound' und die Musik in dieser Zeit werden ebenso beschrieben, wie die gesellschaftliche Gleichgültigkeit und Hilflosigkeit der Polizei und der Behörden den Entwicklungen gegenüber. 

Wann haben Sie das Buch gelesen?

Ganz klassisch. Ich war 12 oder 13 Jahre alt, als das Buch herauskam und meine Mutter es mir gab. Die aufgeräumte Erwachsenenwelt vom wohlsortierten Westdeutschland war über das Buch geschockt. Denn so hat die BRD sich nicht gesehen. Plötzlich gibt es auf der Insel Berlin 12-Jährige, die sich eine Nadel in dem Arm stecken. Damit hatten dieses Land und meine Mutter nicht gerechnet. So war das Buch als Warnung gedacht. Was ich aber darin las, war für mich eine völlig neue Welt. Es war spannend, traurig und einsam. Die Worte stammten von einem Mädchen, das nicht viel älter war als ich. Nur hatte sie schon die andere Seite des Mondes gesehen. Diese Thematik faszinierte mich damals und tut es noch heute.

Wie haben Sie sich auf das Einsprechen vorbereitet?

Ich sitze am Tisch mit dem Material und lese mehrfach den Text. Ich versuche, den Text vor meinem inneren Ohr entstehen zu lassen. Eingesprochen habe ich den Text im Baaz-Studio in Hamburg.

Die Doku dauert rund acht Stunden. Wie lange dauerte das Einsprechen?

Das dauerte drei bis vier Tage und war Anfang Dezember 2020.

Werden Sie sich bei Amazon Prime die neue Serie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" ansehen?

Natürlich. Ich bin auch vom alten Film ein großer Fan.

Wie war das für Sie, die bisher unveröffentlichten Tonaufnahmen von Christiane F. zu hören?

Das war irre. Ich habe die Aufnahmen erst im Studio gehört. Mich wundert es, dass diese Bänder nicht viel früher veröffentlicht wurden. Die beiden Journalisten haben damals sehr, sehr lange Gespräche mit Christiane geführt, so dass es wahnsinnig viel Material gibt. Die Stimme der jungen Christiane ist so aberwitzig, konkret und intelligent. Einige Aussagen sind etwas schwer zu verstehen, weil das Material nicht mehr so gut ist. Trotzdem war es sehr aufregend. In der Pause der Hörbuchaufnahmen haben wir selbstverständlich immer wieder in die Tonaufnahmen rein gehört.

Haben Sie während des Projekts Ihre eigene Jugend reflektiert?

Nein, nicht wirklich. Es hatte mit meiner Jugend nichts zu tun. Ich habe geahnt, dass es irgendwo so etwas gibt, aber es gab keine konkrete Vorstellung einer Welt, wie sie am Bahnhof Zoo stattfand. Im jungen Erwachsenenalter gab es dann mal Parallelen.

Hatten Sie, in welcher Form auch immer, Kontakt zu Christiane F. für die Audiodokumentation?

Nein, soweit ich weiß lebt sie sehr zurückgezogen.

Chrsitiane F. (2013)
Christiane F. war lange drogenabhängig. Foto: IMAGO / Kai Horstmann

Wissen Sie schon, was Sie als nächstes Hörspiel aufnehmen werden?

Ich habe gerade von Thea Dorn die Novelle oder Kurzroman „Trost: Briefe an Max“ aufgenommen. Davor habe ich die Audiodokumentation „Saal 101“ über den NSU-Prozess eingesprochen. Dort werden mit mehreren Sprechern Teile der Gerichtsakten gesprochen. Ein Mammut-Werk. 5 Jahre lief der Prozess und die Audiodokumentation ist auf 12 Stunden zusammengestellt.

Was steht filmtechnisch auf Ihrem Plan?

Im März beginnen Dreharbeiten für einen Film, darauf freue ich mich schon riesig.

Die Audiodokumentation "Das Berlin der Kinder vom Bahnhof Zoo" ist ab Donnerstag, 18. Februar, bei audible verfügbar. Am Freitag, 19. Februar, erscheint bei Amazon Prime die neue Serie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo".

Das Interview mit Bibiana Beglau führte Leonie Dreier.

 


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